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Die Künstlerin Leni Hoffmann

Beton, ein Fremdkörper oder ein Zuhause?

Leni Hoffmann liebt Beton, sie liebt Baustellen. Ein eindrucksvolles Bild des Kunst am Bau-Projekts ist ein Foto, das das Kunstwerk noch im Baustellenstadium zeigt. Auf dem Foto ist zu sehen, wie die Verschalung für die beiden großen Betonschlingen an der Wand gemacht war. Aus dem erst zur Hälfte eingegossenen Beton schaut noch die tragende Metallkonstruktion heraus. (Laut Leni Hoffman umfassten die Berechnung der Statik für die ganze Konstruktion ein Papier von 300 Seiten.)

„Ich arbeite nicht inhaltlich“ – der Sinn wird an ein Kunstwerk herangetragen

Über Ihre Arbeitsweise sagt Hoffman:

„Ich arbeite nicht inhaltlich – das Material ist das Material. Der Raum ist der Raum. Was die BetrachterInnen selber an die Arbeit herantragen, ist der Mehrwert, den sie selbst einlösen.“

Wenn Mischla also keine Aussage hat, keinen Inhalt ausdrücken soll – wie die Künstlerin selber betont, sondern nur ein Spiel mit Formen ist, kann man sich schon fragen: Wozu das Ganze? Welchen Sinn hat Kunst, die nur mit Formen spielt?

Wenn etwas keine vorgegeben Bedeutung hat, keine wiedererkennbare Form darstellt, keinen verständlichen Namen hat und an nichts direkt und unzweifelhaft erinnert, dann ist es besonders gut geeignet, sich dazu eigene, freie Gedanken zu machen, Assoziationen zuzulassen, oder wie Hoffmann sagt, selbst einen „Mehrwert“ „an die Arbeit herantragen“. Dann wird daraus eine Art „Gedankensteinbruch“.

Laut Leni Hoffmann ist das Kunstwerk erst mit den Ideen der BetrachterIn komplett. Es braucht diese Gedanken, mit denen es betrachtet wird.

Es soll Ideen auslösen – nicht darstellen!

Arbeitsmaterial Alltagsmaterial – minimalistische Formen

In Waldegg verwendet Hoffmann rohen unverputzten Beton. Sie arbeitet ansonsten nicht nur mit Beton, aber sie verwendet immer Alltagsmaterialien, die nicht speziell für Kunstzwecke gemacht sind – Glas, Papier, Druckprodukte, Knetmasse, LKW-Plane, Verputz, Autolack, Stromkabel, etc. – Materialien die normalerweise nicht für die künstlerische Arbeit verwendet werden. Wenn die übliche Verwendungsweise eines Alltagsmaterials wegfällt, wird etwas Neues sichtbar.

Schon oft gesehene, scheinbar banale Dinge bekommen „ein neues Gesicht“, das Material oder die Beschaffenheit, oder wenn man will auch die Besonderheit, die Schönheit des Materials fällt einem überhaupt erst auf, wenn es eine andere Verwendung bekommt. Dann bekommt man auch einen neuen Blick darauf.

Dinge müssen nicht immer in der Form verwendet werden, in der sie „normalerweise“ verwendet werden. Das ist in vielfacher Variation eine Strategie in der Kunst.

Optisch weisen Hoffmanns Arbeiten Ähnlichkeiten mit der „Minimal-Art“ auf: Die Kunstobjekte sind oft industriell gefertig – einfache, maschinell gefertigte Formen, sie wirken nicht wie einmalige Handarbeit. Es gibt kein individuelles Aussehen, „neutrale“ Formen ohne individuelle Charakteristik. Das macht sie zu noch anonymere Projektionsflächen für eigene Gedanken und Assoziationen

Andere Arbeiten der Künstlerin zeigen, dass sie mit ähnlicher Formensprache und ähnlichen Materialien auch bei anderen Projekte arbeitet:

Die Arbeit „flipper 2009 – 2010“ im Museum Ludwig Köln bestand in der Umgestaltung der Eingangshalle des Hauses. Um zwei Säulen der Halle werden bunte, mit Kunstleder überzogene Bänke aus Stahlbeton montiert (einmal gelb, einmal grün) deren Form an die beweglichen Elemente beim Flippern erinnern. Der Boden um Eine Säule wurde kreisförmig mit blauer Knetmasse ausgelegt.

Die Arbeit „beautiful one day — perfect the next“ (2004) erinnert formal sehr stark an das Kunst am Bau-Projekt in Waldegg und ist gleichzeitig deren ganz andere Schwester: Es ist keine Baustelle, in welche Hoffmann runde, möglichst nicht-geometrische Formen setzt, sondern es ist ein Ausstellungsraum: Die Formen sind langgezogene, reine Rechtecke aus Beton, umgeben von farbigen Rechtecken, die auf den Boden gemalt sind, in grün und orange.

Biographische Eckdaten

Leni Hoffmann, geboren 1962 in Bad Pyrmont (Niedersachsen) ist Professorin an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe (Baden-Württemberg).